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Kölner Karneval

1825 – Korrespondenz mit Goethe

Goethe und der Kölner KarnevalEs war dann niemand anderes als der „Held Carneval“ der Anfangsjahre, Emanuel Zanoli, der den Professor für Botanik in Bonn, Nees von Esenbeck, der mit Goethe in Verbindung stand und den Kölner Karneval regelmäßig besuchte, 1824 „dringend aufgefordert, die diesjährige Karnevalsliteratur, Programm, Lieder und Zettel, dem berühmten Dichter, dem klassischen Schilderer des römischen Narrenfestes, zu übersenden und ihm die Bitte zu äußern, daß er den kölnischen Karneval durch irgend eine öffentliche Erwähnung ehren möge„.

Dem kam Goethe gerne nach und verlieh dadurch dem Kölner Karneval jene Weihen, die er bereits dem römischen Karneval zugestanden hatte. Schon Jahrzehnte zuvor hatte ihn beim römischen Karneval gerade das ́wilde ́, ungezügelte Volkstreiben eher abgeschreckt. Deshalb schien es nur konsequent, daß er nun beim Kölner Karneval besonders die große Ordnung und die gelungene Festgestaltung lobte. In seiner kleinen Abhandlung aus dem Jahre 1824 in „Über Kunst und Alterthum“ verglich Goethe den Kölner Karneval mit dem Kölner Dom, da „jedes sich selbst gleich, sich in seinem Charakter organisch abschließt„. Er bewundert den Humor, „den man geistreich, frey, sinnig und gemäßigt nennen kann“, alle Mitwirkenden und die „Civil- und Militair-Behörden, welche mit freysinniger Würde die Sache geschehen ließen, Ordnung und Zucht von Ihrer Seite befördernd, so daß dieses ganze excentrische Unternehmen mit ungewöhnlicher Wichtigkeit, Ernsthaftigkeit und Pracht begangen werden konnte„.

Am 29. Januar 1825 verband Heinrich von Wittgenstein, der erste Präsident des festordnenen Comitées, eine Einladung Goethes zum diesjährigen Karnevalsfest mit der Bitte, „durch eines Liedes Freundliche Spende auch dem kölnischen nicht nur einen lichteren Glanz für die Gegenwart“ zu verleihen, „sondern sein Gedächtnis für immer dem allverschlingenden Strom der Vergessenheit“ zu entreißen. Der Dichter erfüllte von Wittgensteins Wunsch. Sein Gedicht

Der Kölner Mummenschanz

wurde dann in der Generalversammlung vorgetragen und in einem Extrablatt am 9. Februar zusammen mit dem Antwortgedicht „An Goethe“ von Wilhelm Smets in der Kölnischen Zeitung veröffentlicht. Wir haben es geschafft, einen Scan dieses seltenen Extrablattes zu fertigen:

Vorderseite Goethe Extrablatt

Rückseite Goethe Extrablatt

Das Gedicht von Goethe lautet wie folgt (Leseabschrift):

Da das Alter, wie wir wissen,
Nicht für Thorheit helfen kann;
War es ein gefundner Bissen
Einem heitern alten Mann,

Daß am Rhein, dem vielbeschwomnen,
Mummenschaar sich zum Gefecht
Rüstet, gegen angekomnen
Feind, zu sichern altes Recht.

Auch dem Weisen fügt behäglich
Sich das Irren wohl zur Hand,
Und so ist es ganz verträglich
Wenn man sich mit Euch verband.

Löblich wird ein tolles Streben
Wenn es kurz ist und mit Sinn;
Daß noch Heiterkeit im Leben
Giebt besonnenem Rausch Gewinn.

Häufet nur an diesem Tage
Kluger Thorheit Vollgewicht;
Daß mit uns die Nachwelt sage:
Jahre sind der Lieb und Pflicht.

Goethes Gedicht „Der Cölner Mummenschanz“ wurde von den Kölner Karnevalisten im Laufe des 19. Jahrhunderts immer wieder zitiert, insbesondere die beiden Verse aus der vierten Strophe: „Löblich wird ein tolles Streben, Wenn es kurz ist und mit Sinn“. Heute noch ziert der Vers den Fastnachtsbunnen von Georg Grassegger aus dem Jahre 1913 auf dem Gülichplatz vor Haus Neuerburg in der Kölner Altstadt zusammen mit typischen Figuren aus der Brauchtumsgeschichte. Goethe brachte in diesen Versen das Selbstverständnis der organisierten Karnevalisten auf den Punkt, die antraten, um dem Karneval feste Formen zu geben und ihn zu disziplinieren. Denn sowohl der Ordnungsgedanke als auch die Forderung, das Fest müsse einen „Sinn“ erfüllen, prägten den organisierten Karneval nach 1823 maßgeblich.

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